RCS - Retinopathia centralis serosa
The Blind Spot – Im wahrsten Sinne des Wortes.
Retinopathia centralis serosa: Was ist das?
Irgendwann beschloss mein Körper, dass es so nicht mehr weitergehen soll. Der Beschluss fiel ohne mich. Ich war nicht dabei, aber ich sollte es vor immer Augen haben. Es jeden Tag sehen, immer den Spiegel vorgehalten kriegen.
Zuerst dachte ich, meine Brille hat einen Kratzer. Aber hatte sie nicht. Bei einem Auge fingen gerade Linien an, sich durchzubiegen. Panik stieg auf, und ich wollte es nicht glauben. Und es kam noch schlimmer: Jemand knipste im Bereich des schärfsten Sehens das Licht aus. Totale Katastrophe. Diese Seiten sollen Neu-Betroffenen Mut machen, ich habe das Thema besiegt und bin (fast) ohne Blessuren davongekommen. Und ich habe gelernt. Mein Vorsatz: Nie wieder!
Verzerrungen links unterhalb des Sehzentrums (Fokuspunkt) durch Ansammlung von Wasser unter der Netzhaut. Lesen ist zu diesem Zeitpunkt mit diesem Auge unmöglich.
Die Sehschärfe liegt bei 0,8 (80%). Dieser Zustand hielt fast 5 Monate an.
Stand nach 5 Monaten und nach drei aufeinander folgenden Schüben. Woher kam das? Warum konnte keiner helfen? Ich hatte das Problem noch immer nicht erkannt.
Das Wasser hat das retinale Pigmentepithel durchbrochen und die neurosensorische Netzhaut angehoben, mit anderen Worten, die Verbindung mit den Sehzapfen und der Sehnerven ist gestört.
Die Sehschärfe liegt bei 0,3
Stand nach 7 Monaten. Es wurde besser. Rückgang der zentralen Abschattung, aber nicht im Fokusbereich.
Starke Beeinträchtigung auf diesem Auge. Gesichter erkennen, lesen und fernsehen mit diesem Auge ist nicht möglich. Das räumliche Sehen allerdings ist nach wie vor gut. Das Gehirn arbeitet gut mit. Sehschärfe liegt bei 0,6 (wenn es hell ist…)
Stand nach 8 Monaten. Weiterer Rückgang der Abschattung. Ein Fleck knapp an der Grenze zur Sehgrube hält sich hartnäckig. Es scheint, dass hier die Netzhaut stark geschädigt wurde. Hoffen auf die Zeit. Lesen wird langsam möglich.
Starke Blendungen beim nächstlichen Autofahren. Macht keinen Spaß. Zuversicht kehrt ein.
Alles noch sehr klein und zittrig. Die Sehschärfe macht Fortschritte: 0,7.
Stand nach 10 Monaten. Im Fleck herrscht im Halbdunkel nachwievor Leere. Wenn ich jemandem in die Augen blicke, so hat dieser jemand keinen Mund. Keine Verzerrungen außerhalb des Flecks mehr. Das Wasser scheint abgeflossen zu sein. Sehschärfe liegt wieder bei 0,8 bei kräftiger Beleuchtung.
Stand 1 Jahr später: Der blinde Fleck hellt sich auf. Auch die Corona (Nebel) um helle Lichtquellen in der Nacht ist besser geworden.
Eines muss man trotzdem feststellen: Im ehemals blinden Fleck herrscht Vernarbung. Und diese bedingt die Sehstörungen, die allerdings kaum ins Gewicht fallen. Lesen, fernsehgucken und Auto fahren ist wieder gut möglich. Wenn es mein ganzes Leben so bleibt, bin ich zufrieden. Kein Vergleich zur akuten Phase.
Wie bildet sich das Ödem bei RCS-Retinopathia centralis serosa?
Zuerst kommt es durch Verschlechterung der arteriellen Durchblutung im Auge zu einer Minderdurchblutung, gefolgt von einer Stauung, welche wahrscheinlich über einen Gewebeverschluss bzw. -verengung der abführenden Blutgefäße bewirkt wird. Durch die eintretende Gewebeschädigung der Aderhautgefäße kommt es dann zu einer erhöhten Durchlässigkeit in diesem Gebiet und zur Ansammlung von Flüssigkeit und Plasmaproteinen unter der Netzhaut (Pigmentblattabhebung). Das führt zu der typischen, in der Fluoreszenzangiographie sichtbaren Leckstelle.
In manchen Fällen bricht zusätzlich die Barrierefunktion des Pigmentepithels zusammen (wie bei mir nach 3 Monaten). Ob diese Schrankenstörung durch den programmierten Zelltod im Pigmentepithel oder durch mechanischen Druck der angestauten Flüssigkeit verursacht wird, ist noch ungeklärt.
Andere Theorien über die Entstehung von RCS
- Störung in der Autoregulation des Blutflusses der Aderhautgefäße: Die Durchblutung der Aderhautgefäße wird u.a. auch über die Freisetzung von Prostaglandinen (das sind die Fieber- , Schmerz- und Entzündungsbotenstoffe im Körper), die beide eine Erweiterung der Gefäße bewirken, gesteuert. Kortison und Adrenalin greifen in die Produktion dieser Substanzen ein und scheinen so die Autoregulation zu beeinflussen: Man fand bei Patienten, die mit Corticosteroiden (Kortison, Schmerzmittel) behandelt wurden eine Häufung der RCS-Erkrankungen. Die Kortisonfreisetzung wird unter anderem auch durch Adrenalin beeinflusst.
- Man fand bei Tierexperimenten mit Schweinen eine direkte Wirkung von Adrenalin am Pigmentepithel. Je nach Konzentration des Adrenalins trat Apoptose (programmierter Zelltod, eigentlich ein normaler Vorgang in unserem Körper, nur nicht hier an dieser Stelle) auf. Also könnte ein dauerhaft hoher Adrenalinspiegel zum vorzeitigen Zelltod in betroffenen Regionen führen, die dann permeabel (also durchlässig) werden. Apoptose (ein interessanter Link: http://www.ukammann.de/apoptose) ist ein adrenergener Prozess.
- Es gibt auch die folgende Theorie: Die Pumpen für den Flüssigkeitsabtransport unter dem Pigmentepithel, – ein ebenfalls u.a. Adrenalin-abhängiger Prozess-, werden zur Umkehr des Transportwegs gebracht. Die Flüssigkeit wird unter die Retina gepumpt anstatt über die Aderhaut abtransportiert zu werden. So sammelt sich Flüssigkeit unter der Retina an
Was führt zu hohen Cortisolwerten?
Cortisol ist ein wichtiges Hormon in unserem Körper. Es erreicht den höchsten Wert kurz nach dem Aufstehen um uns mit tiefen Werten ins Bett zu begleiten. Nachts sinkt der Wert weiter ab. Cortisol kümmert sich auch um die Bekämpfung von allergischen Reaktionen, ist entzündungshemmend usw.
- Cortisolhaltige Medikamente (Salben, Nasentropfen usw.)
- Viel Kaffee
- Exzessives Verhalten (Diäten, Leistungswahn usw.)
- Leistungssport (Extremsport)
- Negativer Stress (manche Studien zeigen: RCS Patienten haben ein Stressaubbau-Problem)
- Adrenalinhaltige Spritzen beim Zahnarzt
- Zeitnot, Druck
- Schokolade in Massen
Cortisol regelt die Blutzuckerwerte und steuert die adrenergenen Prozesse im Körper. Es zeichnet sich ab, dass ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel und damit verbunden die erhöhte Ausschüttung von Catecholamiden zur Entwicklung von RCS – Retinopathia centralis serosa beiträgt.
RCS Patienten könnten also an dauerhaft hohen Cortisol Werten erkrankt sein. RCS Patienten sollten daher unter allen Umständen steroidale Medikamente vermeiden.